Sensibilität: Was du tun kannst, wenn du dir zu viel zu Herzen nimmst
Vielleicht ist diese Überschrift etwas irreführend. Es ist nämlich so, dass es zwar um genau dieses Thema, das sich-zu-viel-zu-Herzen-nehmen geht, aber vielleicht auf eine andere Art und Weise, wie du dir jetzt vielleicht vorstellst.
Ich nehme mir viele Dinge zu Herzen und um ehrlich zu sein, finde ich das sehr gut so.
Ich möchte heute etwas zu den Aussagen »Nimm das nicht so persönlich!«, »Das darfst du dir nicht so zu Herzen nehmen!«, »Du musst dir ein dickeres Fell wachsen lassen« oder »Du darfst nicht immer so emotional/empfindlich/sensibel sein!« mit euch teilen.
Vielleicht ist meine sensible Seite die Quelle meines Tuns? Vielleicht ist das Rohe meine Muse? Vielleicht möchte ich gar kein dickes Fell, weil durch dickes Fell auch das Schöne nicht mehr so leicht durchkommt?
Vielleicht möchte ich mich über Dinge ärgern, die mich ärgern? Vielleicht möchte ich über Dinge traurig sein, die mich traurig machen? Vielleicht möchte ich jedes Gefühl begrüßen? Als Teil meiner Selbst!
Vielleicht möchte ich einfach so sein, wie ich bin? Ohne Diktat von außen?
»Nimm das nicht so persönlich!«, »Das darfst du dir nicht so zu Herzen nehmen!«, »Du musst dir ein dickeres Fell wachsen lassen« oder »Du darfst nicht immer so emotional/empfindlich/sensibel sein!« ist gar nicht so tröstlich, wie man vielleicht glaubt. So wächst keine Resilienz – so wächst eigentlich nur das Gefühl, nicht richtig zu sein, wie man ist. Anders sein zu müssen.
Das sind Sätze, die ich mir in meinem Leben schon unzählige Male anhören musste. Sätze, die mich sehr einsam fühlen lassen haben. Unverstanden.
Und erst als es jemand gab, die mir einfach zuhörte, die meine Gefühle akzeptierte, statt sie mit »Das darfst du dir nicht so zu Herzen nehmen!« zu bekämpfen, wuchs auch meine Resilienz.
Klar, Sensibilität und Emotionalität nerven manchmal. Keine Frage. Aber das darf es. Es darf nerven, ohne dass es deshalb weg muss. Es MUSS auch die Menschen geben, die zwischen den Zeilen fühlen. Die Menschen, die feinste Abweichungen wahrnehmen. Die auf das reagieren können, was so viele andere gar nicht mitbekommen.
Es ist nicht die Aufgabe sensibler Menschen, sich anzupassen und abzustumpfen. Viel mehr sollten wir alle sehen, wie viel Potential in Sensibilität steckt.
Ich persönlich KANN meine Arbeit nur so machen, wie ich sie mache, WEIL ich meine Sensibilität annehme.
Offenheit ist keine Einbahnstraße. Bin ich nach außen offen, bin ich auch nach innen offen. Und für mich ist das genau richtig!
Es geht also vielleicht gar nicht so sehr darum, zu lernen, wie du dir weniger zu Herzen nimmst. Es geht vielleicht darum, zu lernen, dich mit deiner sensiblen Seite und deinen Gefühlen anzufreunden.
Lass es dir gut gehen!
Nadine
SonjaS
Genau so ist es! schön geschrieben und so (leider) notwendig, es immer zu betonen! und genau diese feinfühligkeit macht unsere, also die von den neurodivergenten, feinfühligen, HSPlern kreativität aus. es kann allerdings auch oft anstrengend sein, leider, und das wissen diejenigen, die solche sprüche raushauen nciht. auch nicht, dass man gar nicht anders kann. ich wünschte, ich wäre mal in dieser lauten welt, wo alles an sinneseindrücken und gefühlen auf mich einhaut 24/7 etwas abgestumpfter, um einfach mal entspannen zu könne, mal ruhe zu haben….
wie wäre es, wenn wir mal sagen würden: ach, sei doch nicht so toxisch übergriffig, du darfst nicht immer so abgestumpft sein usw.? 😉
Jutta
Liebe Nadine,
manchmal wünschte ich – ich wäre „cooler“ und nicht so emphatisch bzw. feinfühlig.
Gerade in Situationen wo es um Professionalität geht, störe ich mich an meiner Art.
So passiert es durchaus, dass mir jemand seine Geschichte bzw. sein Schicksal erzählt und
weint – leider spiegle ich das Gefühl und weine dann mit.
Oft entschuldige ich mich dann automatisch beim Gegenüber.
Doch immer kommt dann zur Antwort – „Ich erzähle ihnen das, weil ich weiß dass Sie mich
verstehen“ …
Danke für diesen schönen Post.
Herzliche Grüße
Jutta
Katja Schild
Hallo. Das ist so schön geschrieben und spricht mir so sehr aus der Seele. Ich bin auch so jemand, der „zwischen den Zeilen „spürt und manches Mal sehr emotional reagiert, was Viele vielleicht erschreckt oder vielleicht auch nervt. Aber jeder ist halt anders, und das ist gut so.
Manchmal hat man dann sogar ein schlechtes Gewissen deshalb. Aber eigentlich ist es richtig: warum?
Ich finde den Text so super, und er macht Mut. Vielen Dank, Katja