CN: Abnehmen. Wie mir die Zahl auf der Waage egal wurde & warum sie dir auch egal sein sollte
Nachdem ich in meinem letzten Post darüber gesprochen habe, dass und wie ich zehn Kilo abgenommen habe, ist es mir heute ein Bedürfnis über meine aktuelle Sichtweise zum Thema Gewicht zu schreiben.
15 Kilo hatte ich zugenommen – zehn sind wieder weg. Man könnte meinen, es fehlen nun also noch minimum fünf. Und bis vor einer Weile dachte ich das auch. Aber: Mir wurde die Zahl auf der Waage während dieser Reise völlig egal. Da gibt es keine Zielgerade, die ich erreichen möchte. Kein Vorher-Gewicht zu dem ich zurück möchte. Was ich mir wünsche, lässt sich nicht in Zahlen ausdrücken.
Was ich mir wünsche? Dass ich weine, wenn mir nach weinen zumute ist. Statt an den Kühlschrank zu gehen. Dass ich mir diesen kleinen Ruck gebe und unter Leute gehe, wenn ich mich einsam fühle. Statt zum Bäcker zu gehen. Dass ich Sicherheit nicht im Essen suche, sondern da, wo ich sie bekomme. Dass ich ausgewogen und nährstoffreich esse, um Energie zu haben. Dass ich meinen Körper bewege, um schmerzfrei zu bleiben, um beweglich zu bleiben und um Anspannung und Stress abzubauen – noch bevor beide überhaupt zu einem Problem werden.
Ich wünsche mir, dass ich mich in meinem Körper gut fühle. Voller Energie. Resilient. Stark. Innen wie außen. Die Zahl auf der Waage ist dafür absolut kein Indikator. Die sagt nichts darüber aus, wie gut ich mich fühle. Das spüre ich nur selbst.
Dafür bewege ich mich täglich. Dafür versorge ich meinen Körper mit vielen Nährstoffen. Und dafür nehme ich mir auch die Freiheit heraus, ohne schlechtes Gewissen nährstoffarm zu essen, wenn mir genau danach ist. Ohne das Gefühl zu haben, ich würde die Kontrolle verlieren.
Wann der Fokus auf Gesundheit eigentlich ungesund ist
Seit vier Monaten erlerne ich nun ein gesundes Verhältnis zum Essen und zur Bewegung. Nicht, um im Sommer gut auszusehen. Sondern um mich in allen vier Jahreszeiten mental und körperlich wohl zu fühlen. Aktuell bin ich Tag für Tag überrascht, WIE wohl ich mich fühle und wie sehr ich mir selbst ansehe, dass ich mich gut fühle. Dafür muss ich also gar kein bestimmtes Gewicht erreichen. Es reicht, mich gut um meinen Körper zu kümmern.
Als ich in den Jahren davor noch um meine mentale und emotionale Gesundheit gekämpft habe, hätten auch Bewegung und gesunde Ernährung nicht dazu geführt, dass ich mich besser fühle – oder besser aussehe. Weil in mir drin etwas zerbrochen war, was zuerst heilen musste. Heilen durfte.
Mich in dieser Zeit zu vermeintlich gesundem Verhalten zu zwingen, wäre das Gegenteil von gesund gewesen. Wenn wir vor, während und nach dem Sport leiden, ist das nicht gesund. Wenn wir uns zwingen, Salat zu essen und danach einfach nur unglücklich und hungrig sind, ist das nicht gesund. Wenn wir unter enormem Druck x Kilo abnehmen, ist das nicht gesund. Wir können uns nicht gesund hassen. Wir können nicht an der Zahl auf der Waage unseren Wert und wie wir uns fühlen messen. Nicht nachhaltig.
Was wir machen können, ist behutsam und geduldig mit uns selbst zu sein. Wir können schauen, was wir wirklich brauchen. Und dann schauen, ob wir die Kapazitäten übrig haben, uns das zu geben. Oder wie wir vielleicht eines Tages Kapazitäten schaffen können.
Gesund werden fängt innen an. Nicht auf der Waage.
Warum die Zahl auf der Waage sowieso kein guter Indikator für deine Gesundheit ist
- Sich auf das Gewicht zu fokussieren motiviert, wenn die Zahl auf der Waage sich nach unten bewegt. Sobald sie allerdings stagniert oder sogar wieder steigt, lässt die Motivation nach und man fällt umso schneller in alte Gewohnheiten, weil man das Gefühl hat, gesund zu leben bringe eh nichts.
- Gewichtsschwankungen sind völlig normal. Als Hintergrundinfo: ein Kilogramm Körperfett entsteht erst dann, wenn 7.000 Kalorien über dem Tagesbedarf gegessen wurden. Es ist aber völlig normal, innerhalb eines Tages trotzdem ein Kilogramm zu- oder abzunehmen – das kann verschiedene Gründe haben und sind meist Wassereinlagerungen.
Außerdem kann es sein, dass sich zwar auf der Waage nichts verändert, dein Körper sich aber trotzdem verändert. Muskeln wiegen mehr als Fett – wenn du Fett abbaust und gleichzeitig Muskeln aufbaust, siehst du auf der Waage ggf. gar keinen Unterschied.
Muskeln entstehen übrigens nicht nur im Fitnessstudio – die entstehen auch bei der Gartenarbeit, beim Kinder-tragen und Einkäufe schleppen. Und Muskeln sind unglaublich wichtig, wenn es darum geht, lange fit und selbstständig zu bleiben. - Selbst, wenn sich die Zahl nicht nach unten bewegt, kannst du nur davon profitieren, dich bewusster zu ernähren und mehr zu bewegen. Es ist nicht so, dass NICHTS passiert – selbst, wenn du nichts sehen kannst. Dein Körper wird sich verändern. Du wirst mehr Energie haben, vielleicht besser schlafen und, hey, ganz nebenbei wahrscheinlich auch noch all deine Blutwerte verbessern und eigenverantwortlich einer Menge unschönen Krankheiten vorbeugen. Das ist nicht NICHTS. Das ist der Startschuss.
- »Ich möchte ja für die Gesundheit abnehmen«. Ja, wir sind alle erwachsen und wissen, dass großes Übergewicht eher nicht so gesund ist. Aber warum ist es denn nicht gesund? Weil meist (nicht immer) zu wenig Bewegung & zu viel von dem Essen, das nicht so nahrhaft ist, dazu führt.
Genauso wenig ist es gesund, zu hungern, Diäten zu machen, sich permanent zu limitieren oder zu quälen. Sich schlank zu quälen, kann in dem Fall noch ungesünder sein, als übergewichtig zu sein und gesunde Baby Steps Richtung gesünderes Leben zu gehen. - Es ist ein Trugschluss, dass abnehmen in jedem Fall automatisch gesund ist. Es kommt darauf an, WIE wir abnehmen und vor allem auch darauf, WAS wir abnehmen.
Wenn wir weniger Kalorien zu uns nehmen als wir verbrauchen, verlieren wir an Gewicht. Der Körper greift auf vorhandene Reserven zurück. Er greift aber nicht unbedingt auf die Fettdepots zurück. Muskeln kosten den Körper viel Energie, deshalb baut er die zuerst ab. Dann zeigt die Waage zwar weniger, weil Muskeln mehr wiegen als Fett – wir haben aber nur das verloren, was wir brauchen und das behalten, was wir eigentlich unserer Gesundheit zuliebe loswerden wollten.
Deshalb ist es so wichtig 1. genügend (ja, Masse!) und 2. ausgewogen und nährstoffreich zu essen – damit deine Muskeln und lebenswichtigen Körperfunktionen geschützt sind. Hier kommen übrigens wieder die Proteine ins Spiel. Die brauchst du in ausreichender Menge unter anderem dafür, dass dein Körper nicht zuerst deine Muskeln abbaut. - Es ist einfach nicht gesund, sich selbst zu quälen und die Gedanken nur um gesundes Essen, Workouts, Kalorien, Verzicht und eine verdammte Zahl drehen zu lassen.
Du siehst also: Der Fokus auf das Gewicht ist der falsche Fokus. Wenn du deinem Körper konsequent genügend ausgewogene, nährstoffreiche Nahrung gibst und dich bewegst, ist das gesund. Ganz egal, was deine Waage sagt.
Und wenn du deinen Fokus von der Waage weg und stattdessen darauf legst, dich gut um dich, deine Seele und deinen Körper zu kümmern, folgt der Rest eines Tages von alleine.
In diesem Sinne: Fuck diet culture und lass es dir gut gehen!
Nadine
P.S.: Falls du Motivation brauchst: Auf Instagram teile ich meine Reise in ein gesünderes Leben und poste eigentlich täglich, was ich so mache!