Raus aus der Wartehaltung – ein persönliches Kinderwunsch Update
Ein bisschen mehr als ein halbes Jahr ist es nun her, dass eine meiner Ärztinnen mir (immerhin sehr einfühlsam) sagte, dass es an der Zeit wäre, unseren Kinderwunsch aufzugeben. Ich möchte momentan aus privaten Gründen nicht näher auf die Möglichkeit einer Adoption, die Reise und die Behandlungen, die wir hinter uns haben, eingehen, aber um ehrlich zu sein, gab ich ihr Recht.
Ich war am Ende einer jahrelangen, schmerzhaften Reise und in der Zwischenzeit an einem Punkt angelangt, an dem ich keine Lust mehr auf die Wartehaltung hatte, in die uns unser Kinderwunsch drängte. Hatte keine Lust mehr auf das in der Zukunft leben, keine Lust mehr auf das eine Zukunft mit Kind(ern) ausmalen und doch nicht wissen, ob sie jemals kommt. Ich wollte wieder ein Leben haben. Mein Leben. Wollte mich wieder vollständig fühlen und nicht als jemand, die auf ihren Einsatz wartet, um endlich in die Mutterrolle zu schlüpfen, die ich mir so sehr wünsche.
Und so, wie ich eben bin, drehte ich erst einmal auf. Das läuft bei mir automatisch. Krise? Ok, komm her! Mit dir nehme ich es locker auf! Ich war motiviert bis in die Fingerspitzen, baute Dreierlei Liebelei von Grund auf neu auf und tat nichts anderes als an der neuen Seite zu arbeiten. Bis sie fertig war und meine Gefühle Zeit hatten, sich zu sortieren. Und dann, direkt nachdem ich keine Aufgabe mehr hatte, überwältigten sie mich. Uns.
Ich kann nicht sagen, dass ich in ein Loch fiel. Es fühlt sich eher so an, als ob ich monatelang nur fallen würde. Aber das war ok. Wie sollte es anders sein, wenn du die Zukunft ohne einen oder mehrere Menschen verbringen sollst, die dir die Welt bedeutet hätten? Wenn du diese Menschen nie kennenlernen darfst, obwohl du sie schon immer genau vor dir sehen kannst? Menschen, für die es Namen gibt? Deren Kinderzimmer und Matschküche schon geplant waren?
Ich war am Ende. Ich kämpfte nicht dagegen an, ich versuchte nicht, das Gute darin zu sehen. Ich akzeptierte es, dass es mir elend ging und alle Gefühle, die damit zusammenhängen. Verzweiflung, Trauer und Wut waren meine täglichen, grausamen Begleiter.
Ich wollte mich wieder vollständig fühlen und nicht als jemand, die auf ihren Einsatz wartet, um endlich in die Mutterrolle zu schlüpfen, die ich mir so sehr wünsche.
So vergingen Monate. Monate, in denen meine beste Freundin zum zweiten Mal Mutter wurde und wir die Nachricht erhielten, dass wir zum zweiten Mal Tante und Onkel werden.
Eine der schlimmsten Erfahrungen meines Lebens. Mich nicht sofort und uneingeschränkt mit meinen Liebsten freuen zu können.
Und gleichzeitig eine der schönsten Erfahrungen meines Lebens. Dass meine Liebsten Verständnis haben.
Verständnis dafür, dass es uns elend geht, weil uns unsere eigene kleine Familie verwehrt bleibt. Verständnis dafür, dass wir gerade nicht wir selbst sind. Nicht sein können.
Bis zu dem Moment, in dem wir zurückkamen. Der Moment, in dem all der Schmerz sich gesehen fühlte und ganz langsam Platz für Neugierde auf ein neues Leben machte. Ein Leben, das wir zu zweit leben. Ein Leben, in dem wir unabhängig sind. Ein Leben, in dem wir für all die Kinder in unserem Umfeld wichtige Bezugspersonen sein können. Ein Leben, das auch ohne eigene Kinder erfüllend sein kann. Unser Leben.
Es kommt und geht in Wellen. Und das darf es auch. Aber für den Moment bin ich einfach glücklich darüber, dass ich in eine Zukunft ohne eigene Kinder schaue und sie trotzdem zart rosarot ist.
Und wenn du gerade in den Jahren voller Schmerz, Hoffnung und Bangen steckst: Du bist nicht alleine!
Nadine
P.S.: Unsere persönliche Geschichte, warum wir keine Kinder bekommen können und warum es allgemein unangebracht ist, andere nach ihrer Familienplanung zu fragen, habe ich hier aufgeschrieben.
P.P.S.: Wie man sensibel mit jemandem umgeht, der/die einen unerfüllten Kinderwunsch hat, habe ich hier aufgeschrieben.
Ines
Danke! Einfach nur danke für deine Worte.
Ich wünsche euch alles Glück der Welt.
Liebe Grüße
Ines
Dreierlei Liebelei
InesDas wünsche ich dir auch, liebe Ines!
Liza
So schön geschrieben! Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft. 🙂
Dreierlei Liebelei
LizaVielen Dank!
Johanna
Auch von mir ein herzliches Dankeschön für deine Worte! Ich wünsche Euch nur das Beste. Johanna
Dreierlei Liebelei
JohannaVielen Dank!
Steffi
Super beschrieben,wie schon in deinen anderen Texren zu diesem Thema.
Ich weiß genau was du meinst!! Ein langer Weg…Gefühle zulassen,hat bei mir lange gedauert.
Alles Gute und viel Kraft für euch!!🥰
Liebe Grüße Steffi
Dreierlei Liebelei
SteffiJa, bei mir auch! Aber es ist der einzige Weg da raus… Alles Gute auch dir!
Frau Süßschnabel
Sehr schön geschrieben.
Danke, dass Du das mit uns teilst.
Ich wünsche Euch von ganzem Herzen alles Liebe,
Melanie
Dreierlei Liebelei
Frau SüßschnabelVielen Dank!
Anja
Ach Nadine, das klingt alles so schrecklich vertraut. Ich freue mich für dich, dass du nun an diesem Punkt der vorsichtigen Akzeptanz angekommen bist. Es wird immer wieder die Zeiten des Bedauerns geben, aber das ist okay. Auch du bist nicht allein.
Dreierlei Liebelei
AnjaJa, ich nehme die Wellen, wie sie kommen. Und das gleiche wünsche ich dir auch!
Claudia Weichhold
Na WunderBärchen. Auch wenn gesagt wird ‚geteiltes Leid ist halbes Leid‘ oder ‚du bist nicht alleine geht es mir jetzt wieder schlechter.Egal, danke für Deine klaren Worte zu diesem herausfordernden LebensThema.
Dreierlei Liebelei
Claudia WeichholdDas tut mir sehr leid! Alles Gute für dich!
Liza
Danke fürs erzählen deiner Geschichte. Kann dich so fühlen!
Dicken Drücker unbekannterweise.
Alles Liebe für euch ❣
Dreierlei Liebelei
LizaVielen Dank!
Norma
Vielen Dank für deine tollen und einfühlsamen Worte. Mir geht es genauso und ich konnte mich jahrelang nicht darüber austauschen. Es hat keiner in meinem Umfeld verstanden. Fühl dich lieb gedrückt.
Dreierlei Liebelei
NormaLiebe Norma, das tut mir sehr leid!
Yvonne
Ich war eben beim Lesen völlig verwirrt, weil da jmd genau meine Gefühle in Worte gefasst hat. Keine Kraft mehr nach all den Prozeduren und jeder neuen Hoffnung. Als wäre es mein eigner Tagebucheintrag.
Nach vielen Versuchen, ging unser Wunsch für 11Wochen in Erfüllung und hörte dann plötzlich wieder auf zu leben.
Du/ Wir sind nicht allein. Aber wie soll man diese Lücke im Herzen schließen? Ich bin wie verrückt dabei eine Lösung für uns zu finden…uns nicht mehr Leer zu fühlen.
Dreierlei Liebelei
YvonneLiebe Yvonne, das tut mir wahnsinnig leid! Ich wünsche euch viel Kraft!
Tina
ich habe mich in deinen worten so „schmerzhaft“ verstanden gefühlt. danke!
und euch alles liebe…
Dreierlei Liebelei
TinaVielen Dank! Das wünsche ich euch auch!
Iris
Dieser Schmerz wird NIE vergehen und ich bin jetzt 58…
Wir sind auch zu zweit geblieben, habe meinen Mann freigegeben, der mit einer anderen Frau eine Familie hätte haben können, aber das wollte er nicht. Und er leidet bis heute, mehr denn je, als ich. Dieser nicht erfüllte Lebenstraum wird uns bis ans Ende unseres Lebens begleiten und es gibt für diese Lücke keinen Ersatz.
Dreierlei Liebelei
IrisLiebe Iris, das tut mir sehr leid!
Katja Schild
Hallo,Nadine, bei mir ist das alles schon länger her, so ca. 25 Jahre, aber die Gefühle kann ich noch genau nachvollziehen. Mich hat es damals total belastet, als wir immer gehofft haben, es klappt, und es nichts wurde, und in der Verwandtschaft kamen nach und nach die kleinen Wunder auf die Welt. Vor allem nach 2 Eileiterschwangerschaften und einer Fehlgeburt. Aber wir haben dann auch den Weg gefunden, uns auf unsere Leben zu konzentrieren und entsprechend zu planen, und uns auf unsere Patenkinder zu konzentrieren. Trotzdem macht man sich heute noch Gedanken, wie es wohl mit Kindern gewesen wäre, wie alt sie wohl wären, und wie die Zukunft weiter aussieht ohne Kinder. Das belastet mich heute noch sehr und macht mich immer noch traurig. Aber wir sind seit 27 Jahren verheiratet und ein echt gutes Team, haben unser Leben entsprechend eingerichtet. Aber vergessen wird man es wohl nie.
Ich wünsche Dir und allen von ganzem Herzen alles Liebe und schicke ganz viele Herzensgrüsse.
Katja
Dreierlei Liebelei
Katja SchildLiebe Katja, danke für deine Worte! So versuchen wir es nun auch – wir nehmen die Wellen, wie sie kommen und konzentrieren uns auf die Kleinen unserer Freunde und Familie. Alles Liebe auch für dich!
Elaine
Liebe Nadine,
es tut mir leid, dass Euer Kinderwunschweg mit leeren Armen endet. Das ist schwer. Auf so vielen Ebenen. Unter anderem auch, weil es sich dabei um einen uneindeutigen Verlust handelt, für den es (noch) keine gesellschaftlichen Rituale gibt. Du merkst vielleicht, dass ich aus eigener Erfahrung spreche…
Nein, du bist nicht allein, Ihr seid nicht allein. Wir sind viele! Nur sind wir eben oft leise, aus Gründen.
Ich habe selbst einen Blog, der der Verarbeitung dieses Themas gewidmet ist. Unser letzter Behandlungszyklus liegt inzwischen 6 1/2 Jahre zurück. Der Weg war nicht leicht, aber es geht mir/uns inzwischen wieder richtig gut. Es kann einem wieder so richtig gut gehen, aber das braucht Zeit. Und Geduld…
Ich freue mich darüber, dass dein Horizont bereits zart rosa schimmert und wünsche dir weiterhin viel Kraft und Zuversicht!
Herzlich,
Elaine
Simone
Liebe Nadine,
ich lese so gerne bei Dir mit und habe bereits bei diesen zugehörigen Beiträgen geahnt – und doch so für Dich gehofft, dass aus Euch 2 eine 3 wird.
Ich freue mich über jedes Kind, dass geboren wird, denn es zeigt mir, dass der Glaube an Familie nicht verloren gegangen ist. Egal, ob Regenbogenfamilie oder Traditionsfamilie.
Und dennoch überrollt mich diese Welle der Trauer, Enttäuschung und Wut an manchen Tagen besonders hart.
Ob dieses „besondere“ Gefühl der Leere jemals vergeht? Ich denke nicht.
Dein Beitrag ist so schön geschrieben, spricht das aus, wozu ich vielleicht selbst nicht fähig wäre. Und doch geht es weiter, anders, neu sortiert, glücklich – denn das darf ich/wir trotzdem sein!
DANKE
Fühl dich umarmt
Simone
Sylvia Weber
Liebe Nadine,
vielen Dank für Deine offenen Worte und das AUfgreifen des Themas.
Auch bei mir ist es schon lange her. Mit Anfang 40 habe ich die Hoffnung und die Prozeduren aufgegeben, jetzt bin ich 56. Aber dennoch ist es nie wirklich weg, dieses Gefühl der tiefen Traurigkeit, dass man nie Mutter sein durfte. Ich liebe die Kinder, die ich glücklicherweise bei engen Freunden mit groß werden sehe und an deren Leben ich teilhaben darf. Aber es ist denoch nicht das Gleiche. Und wenn ich die Kommentare lese, sind wir wohl wiklich viele, die lernen müssen/mussten, damit zu leben. Aber eine Lücke bleibt. Leider ist mein Mann der Ansicht, ich sollte jetzt doch wirklich darüber weg sein.
Und ja, es wird besser und ja, man kann auch ohne Kind glücklich werden. Ich wünsche Euch alles Gute, Liebe, Zusammenhalt und ganz viel Freude mit den Kindern in Euerem Umfeld.
Auf eine rosarote Zukunft
Sylvia
Julia Kawa
Liebe Nadine,
Meinem Mann und mir ging es genauso. Drei frustranen IVF‘s und drei Kryo‘s später mussten auch wir es akzeptieren lernen. Auch wir haben u s Namen überlegt und noch immer bin ich von der Fähigkeit meines Mannes überzeugt ein großartiger Vater zu sein. Alles Beten, Hoffen und Bangen hat auch uns nichts gebracht. Es ist ein verdammt schwerer Weg zu einer rosa Zukunft und auch ich habe mich häufig nur oderflächlich für Neu-Schwangerere gefreut und sofort ein schlechtes Gewissen deswegen gehabt. Aber ich habe gelitten und noch heute gibt es Sentimentalität…das darf auch sein-das gehört zum Leben. Es ist aber so das ich meinen Mann geheiratet habe und nicht die Vorstellung von uns als Familie-daher werde auch ich kinderlos ein zufriedenes und glückliches Leben führen können. Ich musste nur härter als Andere dafür Kämpfen und viele Tränen vergießen
Anni
In deinen Worten finde ich viel Trost 👍danke