Kaum ist man über die Grenze, ist man irgendwie in einer anderen Welt. In der Schweiz laufen die Uhren gefühlt etwas langsamer und obwohl wir einen straffen Terminplan auf unserem kleinen Roadtrip vor uns hatten, entspannte mich der Anblick von weidenden Kühen auf scheinbar nie endenden grünen Wiesen schon bevor wir überhaupt an unserem Ziel ankamen. Unseren ersten Stopp legten wir in Solothurn, am Rande des Jura & Drei-Seen-Land, ein. Schon beim ersten Blick aus unserem Hotelfenster im Hotel Baseltor war es um mich geschehen und allerspätestens als ich die Speisekarte des dazugehörigen Restaurants studierte, wollte ich hier nie wieder weg.
Hier wird nach Jahreszeiten gekocht und benutzt, was die Natur gerade hergibt. Die Produkte werden aus der Region bezogen, das Fleisch vom Biohof. Wir probierten den warmen Ziegenkäse auf Croûtons mit Blattsalat, den feingeschnittenen Oktopus mit marinierten Sardellen, die hausgemachten Ricottagnocchi mit frischen Tomaten und Basilikum und das Entrecôte vom Grill mit Kräutern, Parmesan, Gemüse und Risotto. Wir hatten ein sehr lauschiges Plätzchen draußen – leider war es zu dunkel um vernünftige Fotos zu machen, aber glaubt mir, es war absolut köstlich!
Nach einem wunderbaren Frühstück trafen wir uns am nächsten Morgen mit Frau Im Hof, die uns ein wenig über die Stadt erzählte und mit uns über den wunderschönen Wochenmarkt in der Altstadt schlenderte. Was würde ich dafür geben, auf so einem Markt meine Einkäufe erledigen zu können. Hier gibt es wirklich alles und man merkt den Menschen direkt an, wie zufrieden sie ihre Shoppingtour am Samstag Morgen macht.
Auf dem Markt trifft man sich. Es vergeht keine Minute, in der nicht Zwei lachend aufeinander zugehen und sich mit Küsschen links-rechts-links begrüßen. Die Herzlichkeit ist allgegenwärtig und die Solothurner strahlen mit der Sonne und ihren eben auf dem Markt erworbenen, riesigen Sonnenblumensträußen um die Wette. Wir decken uns ebenfalls mit Bio-Mandelmus, einem hübschen getöpferten Kaffeebecher und Salami ein und müssen uns zurückhalten, unser Auto nicht mit Blumen, Käse und Gemüse vollzuladen.
Nach dem Marktbesuch schauten wir uns noch die Jesuitenkirche und die St. Ursen Kathedrale an, die beide wirklich wunderschön und beeindruckend sind, schlenderten noch ein wenig durch die Altstadt und aßen im Zunfthaus zu Wirthen eine Kleinigkeit zu Mittag. Wir haben Glück, den wir ergattern einen der beliebten Außenplätze und just in dem Moment, in dem wir uns setzen, fängt eine Straßen-Band an, zu spielen. Schnell versammeln sich ein paar Einheimische, die vom Markt kommen und dann dauert es nicht mehr lange und alle singen mit und tanzen ausgelassen. Ich kann gar nicht anders, ich strahle über´s ganze Gesicht und weiß nicht woran es genau liegt: der blaue Himmel? Die strahlenden Menschen um mich herum? Das köstliche Roastbeef mit Melone? Ist ja auch egal, ich bin jedenfalls happy und entspannt!
Nach dem Mittagessen setzten wir uns ins Auto und fuhren zu unserem knapp eine Stunde entfernten, nächsten Halt. Pünktlich kommen wir in Bellelay an und treffen dort den netten Herrn, der uns durch die Maison de la Tête de Moine AOP führt. Er zeigt uns die historische Käserei, in der immer noch Käse hergestellt wird, führt uns durch das Gebäude, erklärt uns alles Wissenswerte und wir lernen viel über den berühmten Schweizer Käse, der in gehobelten Röschen serviert wird. Nach der Theorie dürfen wir ihn dann noch verkosten – ein bisschen Baguette und ein Gläschen Weißwein dazu. Herrlich!
Unser Weg führt uns nun vorbei an vielen, vielen Kühen von Bellelay in die französischsprachige Schweiz – unser nächster Halt ist Neuchâtel. Unser Hotel L’AUBIER ist mitten im Zentrum, also stellen wir unser Auto etwa fünf Minuten entfernt im Parkhaus Parking du Seyon ab. Zum Abendessen gehen wir in die fußläufig zwei Minuten entfernte Brasserie La Cardinal und bestellen uns erst Mal eine Flasche Rosé. Wir sprechen beide nicht französisch, weshalb wir froh sind, dass unsere Bedienung englisch spricht. Der Teller mit den verschiedenen Fisch-Spezialitäten, Meeresfrüchten, Kartoffeln und gegrilltem Gemüse ist absolut wunderbar, das Entrecôte leider nicht so wirklich empfehlenswert. Aber das Ambiente ist irgendwie unschlagbar – unter der Lichterkette sitzend hat man das Gefühl tatsächlich in Frankreich zu sein. Erst Recht mit ein oder zwei Gläsern Rosé intus… Nach dem Essen ist es zwar schon dunkel, das hindert uns aber nicht daran, durch das Zentrum zum Lac de Neuchâtel, dem Neuenburger See zu laufen. Hier sitzen wir, schauen in den klaren Sternenhimmel und lassen gemütlich den Abend ausklingen.
Nach einem kleinen französischen Frühstück am nächsten Morgen fuhren wir spontan noch Mal zum See und genossen den Blick auf´s Wasser. Wäre es ein paar Grad wärmer, würden wir mit Sicherheit kurz reinhüpfen, aber so begnügen wir uns damit, die Möwen zu beobachten. Dann geht´s weiter – unser nächster Halt: der Creux du Van. Eine beeindruckende Felsenarena mit über einem Kilometer Durchmesser und gleichzeitig das älteste Naturschutzgebiet der Schweiz. Luchse, Gämse und Steinböcke haben hier ihren Lebensraum. Wir würden eigentlich gerne den Wanderweg nehmen, aber mit einer geschätzen Zeit von drei Stunden ab dem Startpunkt, würden wir es nicht pünktlich zu unserem nächsten geplanten Stopp schaffen. Also setzten wir uns wieder ins Auto und fuhren zum Restaurant Le Soliat, von wo aus die Felswand nur ca. 300 Meter entfernt ist.
Und dann plötzlich stehen wir an diesem Abgrund und genießen die unglaubliche Aussicht. Es ist nicht in Worte zu fassen, wie beeindruckend es ist, diese Weite und Tiefe einzusaugen. Wahrscheinlich muss man einfach dort gewesen sein…
Natürlich schaffen wir es nicht, rechtzeitig beim nächsten Halt anzukommen. Zu schön war die Aussicht von da oben. Trotzdem bekommen wir in der Auberge Les Six Communes in Môtiers noch eine leckere Vesperplatte und ein fabelhaftes Käsefondue serviert. Wir entscheiden uns für die Variante mit dem regionalen Schaumwein von Mauler und es war zum Reinlegen gut.
Weil wir vom Fondue mehr als überzeugt waren, schauen wir uns direkt noch das Gut der Firma Mauler an, das direkt nebenan liegt. Hier dürfen wir verschiedene Sorten probieren und kaufen uns auch einen der exquisiten Schaumweine für einen besonderen Anlass. Hier gibt es übrigens auch fertige Käsefondue-Sets mit kleinen Fläschchen zum Mitnehmen.
Mittlerweile ist das Wetter leider ziemlich schlecht geworden – durch den Regen fahren wir zu unserem letzten Stopp: das Hôtel L‘Aubier in Montézillon. Wir werden sehr freundlich empfangen und beziehen unser Zimmer mit phänomenalem Ausblick ins Grüne. Es ist ruhig, es gibt weder Wifi auf dem Zimmer – noch einen Fernseher. Da es draußen nun sowieso ziemlich ungemütlich ist, entschließen wir uns dazu, uns bis zum Abendessen einfach ein wenig auszuruhen, zu lesen und die Stille zu genießen. Wenn man auf sämtliche elektronische Unterhaltung verzichten muss, merkt man erst Mal wieder, wie unfassbar schön das ist. Auch das Abendessen im zum Hotel gehörenden Bio-Restaurant lässt keine Wünsche offen und spätestens beim reichhaltigen Frühstück am nächsten Morgen wird klar: hier könnten wir jetzt noch eine Woche dran hängen. So wohl habe ich mich selten in einem Hotel gefühlt…
Das Jura & Drei-Seen-Land hat uns überrascht: wir hatten eine wunderbare Zeit, die sich viel länger anfühlte, als sie tatsächlich war. Wir kamen entspannt und entschleunigt wieder zuhause an mit großartigen Erinnerungen im Gepäck. Was ich erwähnenswert finde: in der Schweiz Urlaub zu machen, ist für uns Deutsche relativ teuer. Es ist wohl das falsche Urlaubsland, wenn man auf jeden Euro achten muss, aber das richtige, wenn man es sich ein wenig gut gehen lassen möchte, viel Natur sehen möchte und der einen oder anderen Kuh am Wegrand hallo sagen möchte. Es hat einen Grund, warum wir die letzten 50 Schweizer Franken, die wir übrig hatten, nicht wieder zurückgetauscht haben. Weil wir ganz sicher sehr bald wiederkommen…
Habt es schön!
Nadine
Der Tourismusverband Jura & Drei-Seen-Land hat uns zu dieser Reise im Rahmen einer Pressereise eingeladen und die Tour für uns geplant. Vielen, lieben Dank hierfür – es war uns eine Freude und wir kommen ganz sicher wieder!
Myri
Na toll. Jetzt muss ich auch in die Schweiz reisen. 😉
Dreierlei Liebelei
MyriIn der Tat! Am besten mit uns <3
Deborah
Vielen lieben Dank für deine netten Worte über meine Heimat Solothurn! Ich kann den Bericht 1:1 unterschreiben; der Markt, die Kirchen, die Leute – es ist einfach toll. Besonders die St. Ursen Kathedrale an Weihnachten ist ein himmlischer Augenschmaus, viele Kerzen, die besinnliche Stimmung und die Gesänge – auch als nicht regelmässiger Kirchengänger ein Besuch wert.
Dreierlei Liebelei
DeborahDas glaub ich gerne! Mir stand in beiden Kirchen schon der Mund offen, obwohl sie leer waren – super beeindruckend und wunderschön!
Sibylle Fischer
Liebe Nadine
Mit welch schönen Worten hast du Solothurn beschrieben! Leider vergessen wir öfters wie schön wir es haben – Ich selber lebe zwei Dörfer vor Solothurn. Am Waldrand, Wiesen, Kühe mit Glocken und Blick auf die Alpen. Tönt fast nach Kitsch! 🙂 Du hast mir mit deinen Worten gezeigt was uns herrliches umgibt, teilweise ja schon selbstverständlich! Danke! (Falls du wieder einmal hier bist, melde dich doch!)
Herzlich
Sibylle
Dreierlei Liebelei
Sibylle FischerSo geht es mir manchmal auch mit meiner Heimat 🙂
judith
Wunderschöne Bilder und ein toller Bericht, ich hab direkt ‚Heimweh‘ bekommen!
Ich hab ein Jahr am Murtensee gewohnt <3
Beim nächsten Mal kann ich einen Ausflug auf den Mont Vully empfehlen,
von dem man tatsächlich alle drei Seen sehen kann!
Und Murten ist immer einen Besuch wert!
Dreierlei Liebelei
judithWir hätten uns sehr sehr gerne noch viel mehr angesehen – drei Tage waren einfach zu kurz… Allerdings ist das Wetter dann tatsächlich auch ziemlich schlecht geworden, war schon ok so 🙂
Sahy
Dein Artikel inspiriert eine Einheimische dazu, nicht in die Ferne zu schweifen, sondern sich das Heimatland einmal genauer anzusehen.
Danke für die tollen Empfehlungen und Bilder.
Marina
Super schöner Beitrag! Da möchte man sich direkt ins Auto setzen und los Düsen 🙂
Kleiner Hinweis: bei mir waren zum Teil die Bilder doppelt und unter dem falschen Titel, lag evtl auch nur an meinem Handy 😉
Liebe Grüße
Evelyn Kuttig
Oh, so viel schöne Landschaft, Sehenswürdigkeiten, nette Hotels und hervorragende regionale Küche … Dein Artikel ist in jeder Hinsicht ein richtiger Appetizer 🙂
Dein Hinweis auf die Kosten lässt mich bedenken: „Sieh, das Gute liegt so nah.“ Eben die Lüneburger Heide, die mich auch immer wieder mit neuen Entdeckungen überrascht, wenn ich ohne Erwartungen, doch neugierig durch Landschaft und Dörfer tingele.
Fremdbeschrieben sieht das Selbstverständliche plötzlich anders aus, wie sich aus den Beiträgen der dort lebenden oder den Sehnsüchten der auswärtigen Solothurnerinnen entnehmen lässt 🙂