Fasten? Ich? Ähm, nö. In etwa so war ehrlich gesagt mein erster Gedanke, als das Haubers mich zum Fasten nach Schroth zu sich ins Allgäu einlud. Ich bin sehr genussorientiert, schränke mich nicht gerne ein und überhaupt – warum sollte ich fasten? Je länger ich allerdings darüber nachdachte und je öfter ich im Booklet blätterte, das das Hotel mir zugeschickt hatte, desto neugieriger wurde ich. Und plötzlich tippte ich nach ein paar Tagen zuversichtlich eine Zusage in eine Mail und meldete mich spontan für neun Nächte an. Sechs Wochen ist das nun her und diese Zeit habe ich gebraucht, um all meine Gedanken zu sortieren. Deshalb nehme ich euch heute kurz mit zurück in den Schnee.
Ich ernähre mich überwiegend gesund, trinke eine Menge Wasser, rauche nicht, bewege mich mittlerweile regelmäßig ein bis drei Mal in der Woche und vermeide Stress so gut es geht. Eigentlich kann ich über meinen Lebensstil nicht (mehr) klagen – allerdings bin ich bei den so genannten Genussgiften ziemlich maßlos. Ich trinke viel zu viel Kaffee, esse zu oft zur Beschäftigung und vor allem greife ich in jeder freien Sekunde zu meinem Handy, um alle meine Social Media Kanäle zu checken. Ich bin ehrlich: ich hatte richtig Bammel vor dieser Erfahrung. Vor der Einschränkung und vor dem Alleine-sein – vor allem auch vor dem Kaffeeentzug. Andererseits war ich aber auch neugierig auf den Glückshormonschub, den das Schroth´sche Fasten verspricht. Glückshormone? Nehm ich, immer her damit!
Aber fangen wir mal von vorne an:
Fasten nach Schroth – was bedeutet das überhaupt?
Die von Johann Schroth entwickelte Schrothkur ist ein ganzheitliches Naturheilverfahren, bei dem der Körper entsäuert und entgiftet werden soll. Sie aktiviert die Selbstheilungskräfte des Körpers und kann so bei Bluthochdruck, Diabetes, Migräne und Burn-Out helfen. Das Experten-Team des Haubers hat die traditionelle Kur modernisiert und bietet nun unter dem Namen Haubers Fasten nach Schroth – neu gedacht ein service-orientiertes Komplettpaket.
Die vier Säulen
Das Fasten besteht aus vier Säulen, nämlich der Schroth´schen Fastenkur, der morgendlichen Packung, dem Trinkplan und dem Wechsel aus Ruhe und Bewegung.
1. Die Schroth´sche Fastenkur
Anders wie bei anderen Fastenkuren bekommt man hier drei Mahlzeiten am Tag. Die Kost ist überwiegend basisch, so gut wie zucker- und salzfrei, fettfrei und außerdem ohne tierische Eiweiße, zu trinken gibt es Kräutertees und Wasser. Das Besondere im Haubers: man kann individuell die Größen der Portionen bestimmen, die Gerichte sind trotz der doch etwas schwierigen Voraussetzungen abwechslungsreich und teilweise so raffiniert, dass es einem nach kurzer Gewöhnung eigentlich an nichts fehlt.
2. Die Schroth´sche Packung
Morgens wird der von der Nacht durchgewärmte Körper in ein feuchtkaltes Laken gewickelt und dann sofort mit warmen Packbetten zugedeckt. In der Packung bleibt man dann etwa zwei Stunden liegen und ruht danach noch nach. Über den Kältereiz und das anschließende Schwitzen soll der Entgiftungsprozess angeregt werden. Ich als Hardcore Frühaufsteher habe mich freiwillig zur traditionellen Zeit um 4 Uhr morgens von der Packerin wecken lassen, damit ich die Chance habe, in der Packung noch mal einzuschlafen. Im Haubers kann allerdings jeder selbst bestimmen, zu welcher Uhrzeit man eingepackt werden möchte.
3. Der Schroth´sche Trinkplan
Es gibt abwechselnd Trink- und Trockentage, an denen im Verhältnis viel und wenig getrunken wird. Besonderheit: an Trinktagen ist abends ein Gläschen Wein erlaubt. Ich bin ehrlich: die Trockentage waren der Aspekt, der mich anfangs abschreckte. Ich trinke sehr viel Wasser und konnte mir nicht vorstellen, mit einem halben Liter am Tag zurechtzukommen. Da aber nur das Verhältnis zwischen viel und wenig stimmen soll, habe ich entsprechend an den Trinktagen eben sehr viel mehr getrunken, als an den Trockentagen.
4. Yin & Yang
Laut Plan sollte man sich an Trinktagen viel bewegen, um den Stoffwechsel anzuregen und an Trockentagen viel Ruhe tanken und entspannen. Vor allem aber soll man immer auf sein eigenes Körpergefühl hören und das machen, von dem man merkt, dass es einem gut tut. Tatsächlich hat der Rhythmus bei mir sehr gut gepasst. Die Trinktage habe ich draußen verbracht, die Ruhetage im Spa oder auch einfach mal auf meinem Zimmer.
Soweit zur Theorie. Und wie ist es mir nun ergangen? Ich erzähle es euch.
Meine Erfahrungen beim Fasten nach Schroth
Tja, wo fange ich an? Es hat einen guten Grund, warum ich mir mit meinem Erfahrungsbericht so lange Zeit ließ. Tatsächlich ging es mir nach meiner Fastenkur wahnsinnig gut. Die knappen fünf Stunden, die ich mit dem Auto nachhause brauchte, verbrachte ich damit, sämtliche Radiosender nach mit-singbarem zu durchforsten und ich feierte meine eigene, kleine Party. Ich war mir nicht ganz sicher, woran es letztlich lag. War es tatsächlich der Glückshormonschub, den das Fasten nach Schroth anfangs versprach? Oder einfach nur die Vorfreue auf den Liebsten zuhause? Letztlich ist es eigentlich egal, woran es lag – mir ging es auf jeden Fall hervorragend. Und genau deshalb wartete ich noch ein wenig ab, um zu sehen, wie es mir geht, wenn ich danach wieder im Alltag ankomme.
Fangen wir also von vorne an. Ich starte an einem Montag Mittag mit zwei Vollkornbrötchen, einem Apfel, einer Banane und einer großen Flasche Wasser meine Fahrt ins Allgäu und fühle mich gut, weil ich proviant-technisch mit gesundem sehr zufrieden war. So, wie ich es von mir gewohnt bin, ist mein Proviant nach einer Stunde leer und mein Gedankenkarussell fängt an, sich zu drehen. Was, wenn ich ohne Kaffee gar nicht klarkomme? Was, wenn ich hungern muss? Was, wenn mir das Essen nicht schmeckt?
Langsam, aber sehr sicher bekam ich ein wenig Panik. Und, so wie ich es von mir gewohnt bin, hilft gegen die Panik eines immer sehr sicher: Essen. Ich hadere noch ein wenig mit mir, steuere am Ende doch eine Fast Food Kette an und bestelle mir eine „Henkersmahlzeit“. Danach weiß ich wieder, warum ich nur noch selten Fast Food esse: weil man sich danach einfach nicht gut fühlt. Und ich merke auch sehr deutlich, dass genau das eine meiner Verhaltensweisen ist, die ich nicht so gut finde. Essen, um mich zu beruhigen oder härter ausgedrückt, zu betäuben. Und ja, plötzlich war ich sehr, sehr motiviert, das Fasten diszipliniert durchzuziehen. Meine Panik ging, die Neugierde kam zurück und nach einer weiteren Stunde Fahrt kam ich im Haubers an.
Viel passiert heute nicht mehr – ich esse früh zu Abend und ja, wenn ich ehrlich bin, bin ich danach erst Mal ein wenig niedergeschlagen. Eine Weißkohlbrühe ohne Fett und Salz schmeckt für den salz-verwöhnten Gaumen nur nach einem: nach Wasser. Auch den Cannelloni vom Kohlrabi mit Rote Rüben Carpaccio und Kräutersud fehlt es am Geschmacksträger Fett und Salz, um wirklich befriedigend zu sein. Ich merke, es könnte schwierig werden, bin aber immer noch überzeugt, das Fasten durchzuziehen. Zu neugierig bin ich auf das Ergebnis. Und ja, irgendwie möchte ich mir selbst beweisen, dass ich das schaffen kann.
Tag 1 // Dienstag
Mein erstes (und jedes weitere) Frühstück besteht aus Vollkornbrötchen und Zwieback, dazu gibt es jeweils einen Tomaten-, Paprika- und Erbeeraufstrich – außerdem Ingwertee. Zur Auswahl gibt es immer auch ein Porridge, das mag ich aber nicht. Eigenartigerweise fehlt mir Kaffee überhaupt nicht. Wahrscheinlich, weil ich mich nun wirklich komplett auf das Fasten eingelassen habe. Danach habe ich meinen Arzttermin im etwa 20 Minuten entfernten Weiler, bei dem abgeklärt wird, ob ich gesundheitlich in der Lage bin, das Fastenprogramm durchzuziehen. Bin ich, dann kann es nun also losgehen. Beim ersten Mittagessen habe ich die Wahl zwischen Pflaumen- und Sauerkrautsuppe. Ich entscheide mich für zweiteres und bin überrascht, wie gut die Suppe schmeckt. Heute steht auch noch mein Fastengespräch mit der Heilpraktikerin auf dem Plan – hier kann ich alle meine Fragen stellen und lege meine Termine mit der Packerin fest.
Die Außentemperatur beträgt weniger als -10 C°, ich raffe mich auf und laufe den hauseigenen Klimapfad, den ich schon von unserem letzten Aufenthalt im Haubers kenne und schätze. Ich fühle mich nicht besonders wohl, habe Heimweh und trotz aller Motivation auch irgendwie ein wenig Respekt vor den kommenden neun Tagen. Nach der gestrigen Erfahrung schleppe ich mich etwas lustlos zum Abendessen und tatsächlich bringen die Kohlenhydrate meine Lebensgeister zurück. Es gibt eine Lauchbrühe mit Schnittlauch und Zucchinipasta mit Tomatenragout und geröstete Kartoffeltaler. Beides schmeckt mir tatsächlich sehr gut und ich schöpfe ein wenig Hoffnung. Danach gehe ich früh schlafen, weil ich am nächsten Morgen um 4 Uhr eine Verabredung mit meiner Packerin habe und ich noch nicht weiß, ob ich danach wieder einschlafen kann.
Tag 2 // Mittwoch
Um 4.12 Uhr klopft es an der Tür und meine Packerin bringt mir ein Tässchen Kräutertee. Ich war schon wach und fühle mich merkwürdig ängstlich-neugierig. Nach zehn Minuten kommt sie wieder und bereitet mein Bett vor. Ich lege mich auf ein nass-kaltes Tuch und werde eingewickelt. Es dauert fünf Sekunden, bis die Wärmepakete anfangen, ihre Arbeit zu tun und mir wohlig warm wird. Tatsächlich schlafe ich ein, wache aber oft wieder auf. Ich kann nicht genau sagen, ob ich es als angenehm oder unangenehm empfinde. Ich schwitze und manchmal aufkommende leichte Panik kann ich Yoga sei Dank gut wegatmen. Trotzdem denke ich kurz darüber nach, den Panikknopf zu drücken, den ich mit in meine Packung bekam. Etwa fünf Minuten später sind eineinhalb Stunden aber vorbei, ich werde ausgepackt, stelle mich kurz unter die Dusche und lege mich mit instabilem Kreislauf wieder in mein Bett. Tatsächlich schlafe ich danach noch bis kurz nach 8 Uhr, was ich von mir eigentlich nicht kenne. Ich wache sehr entspannt auf und fühle mich gut.
Heute ist der erste Trockentag, weshalb ich zum Frühstück nur eine kleine Tasse Tee trinke. Nach dem Frühstück zieht es mich erneut auf den Klimapfad, ich mache eine Runde Yoga und gehe zum Mittagessen. Ein Glas Wasser genehmige ich mir zu meinem gerösteten Gemüse mit Kartoffeln. Hunger habe ich eigentlich keinen, was für mich außerordentlich ungewöhnlich ist. Nach dem Mittagessen gehe ich ins Dampfbad, ziehe mich in den Ruheraum zurück und lese ein paar Seiten. Ich fühle mich unruhig und merke, dass das so ein Moment ist, in dem ich zuhause etwas essen würde, um mich zu beruhigen. Ich kann nicht aus meiner Haut und genehmige mir ein paar getrocknete Aprikosen und Pflaumen, die erlaubt sind. Am Ende sind es neun Stück – wahrscheinlich zu viel, aber ich bin schon stolz, dass ich nicht zu einer der Brezeln gegriffen habe. Frisches Obst fehlt mir sehr, Wasser auch. Deshalb trinke ich gelegentlich kleine Schlücke. Ich trinke im Alltag sehr viel und merke direkt, dass es mir nicht gut tut, so wenig zu trinken. Da stelle ich mein Körpergefühl über die Kurregeln. Den späten Nachmittag verbringe ich in meinem Bett. Ich habe Heimweh und betäube es mit ein wenig Arbeit. Zu Abend gibt es mit Pilzen und Vollkornreis gefüllte Paprika – da ich über den Tag verteilt immer mal wieder ein paar Schlücke getrunken habe, verzichte ich auf meinen frisch gepressten Orangensaft, den es am Trockentag zum Abendessen gibt. Danach gehe ich wieder früh ins Bett.
Tag 3 // Donnerstag
Kurz nach 4 Uhr kommt meine Packerin. Ich trinke wieder meinen Tee, werde eingepackt und verbringe die Zeit in der Packung wach. Dieses Mal habe ich keine Panik mehr und denke ein wenig nach. Auch nach der folgenden Dusche finde ich keinen Schlaf mehr – trotzdem bin ich eigentlich fit und gut gelaunt. Der erste schroth´sche Energieschub? Ich weiß es nicht, fühle mich aber gut und das ist die Hauptsache. Nach dem Frühstück lese ich ein paar Seiten und nehme dann mit Bommelmütze an der Aqua Gymnastik im Außenpool teil. Anscheinend ist das wirklich ein Energieschub, denn danach hänge ich noch ein paar Bahnen Brustschwimmen und eine halbe Stunde Yoga dran und direkt nach dem Mittagessen (ich bestelle mir wieder Gemüse mit Kartoffeln) erklimme ich ein drittes Mal den Klimpfad. Die Zeit bis zum Abendessen verbringe ich im Dampfbad mit einem kurzen Buch, das ich in einem Rutsch lese. Als ich im Haus am See am Nachmittags-Buffet für die normal essenden Gäste vorbeilaufe, fällt mir auf, dass ich gar nicht das Verlangen habe, zuzugreifen. Ich bin ein bisschen stolz, dass es mir so leicht fällt, zu verzichten. Zwei der erlaubten getrockneten Aprikosen nasche ich trotzdem. Zu Abend gibt es eine Rote Bete Brühe mit Meerettich und ein Ratatouille mit Reis und frischen Kräutern, was mir beides sehr gut schmeckt. Erstaunlich, wie schnell man sich an salzarmes, fettfreies, veganes Essen gewöhnt. Auf den Wein, den man an Trinktagen abends trinken darf, verzichte ich, weil mir nicht danach ist und ich wieder lernen möchte, bewusst zu spüren, auf was ich Lust habe und nicht einfach nur alles anzunehmen, das zur Auswahl steht. Heute gehe ich gut gelaunt ins Bett.
Tag 4 // Freitag
Als um 4 Uhr wieder die Türe aufgeht, merke ich, dass ich nicht unbedingt der größte Fan des Packens bin. Das liegt aber vor allem daran, dass ich nicht gut lange auf dem Rücken liegen kann. Könnte man sich nicht auf der Seite liegend packen lassen? Ich würde schlafen wie ein Baby… Auch dieses Mal schlafe ich in der Packung nicht, aber nach der folgenden Dusche noch zwei Stunden. Auch, wenn heute Trockentag ist, wache ich entspannt auf und freue mich auf mein Frühstück. Ich möchte heute probieren, mich wirklich auf den empfohlenen halben Liter Flüssigkeit zu beschränken.
Da heute Freitag ist, möchte ich noch einen vorbereiteten Post online stellen und entscheide mich dafür, nach dieser Arbeit das Internet für heute offline zu stellen, um wirklich ein mal ganz alleine mit meinen Gedanken zu sein und in mich hineinzuhören. Ich mache ernst, stelle an allen Geräten das Internet aus, lasse mein Handy im Hotelzimmer, schnappe mir die Kamera und ziehe wieder auf den Klimapfad, um zu fotografieren. Die Sonne scheint, es ist heute zwar sehr anstrengend, den Pfad zu erklimmen, aber das Gegenlicht macht mir beim Fotografieren immer zuverlässig Freude.
Nach meinem Spaziergang ruhe ich mich aus und obwohl ich überhaupt keine Lust habe, raffe ich mich auf und laufe rüber ins Landhaus um an der Aqua Gymnastik teilzunehmen. Ich bin extra früh losgegangen, um vorher noch ein paar Bahnen zu schwimmen und danach voller Glückshormone. Die Aqua Gymnastik hat extrem viel Spaß gemacht, der Trainer strahlt pure Lebensfreude aus und steckt uns alle an. Ich finde Menschen, denen man anmerkt, dass sie ihre Arbeit lieben, einfach immer extrem inspirierend. Strahlend dusche ich gemütlich, föne in aller Ruhe meine Haare und freue mich auf meinen frisch gepressten Saft zum Abendessen. Erst jetzt merke ich, dass mir der Trockentag heute schon sehr viel leichter fiel. Zu Abend gibt es eine Zucchini-Steckrüben-Lasagne mit Brunnenkresse und einer Ofenkartoffel – das war sehr lecker und mir fehlt es an nichts!
Tag 5 // Samstag
Ich wache auf, als meine Packerin ins Zimmer kommt. Ich habe mich mittlerweile an meine gepackten zwei Stunden gewöhnt und fühle mich sehr entspannt danach. Aber auch heute finde ich danach nicht mehr in den Schlaf. Sowohl der Samstag als auch der Sonntag sind Trinktage – ich habe mich selten so auf meine Flasche Wasser gefreut und trinke schon vor dem Frühstück eine ganze Flasche.
Nach dem Frühstück mache ich einen einstündigen Spaziergang durch den Wald, der ein kleines Stück hinter dem Haus liegt und sauge alles auf. Ich hatte meine Zweifel, aber ich merke, dass es mir wirklich hervorragend geht und dass mir der lange Winter zum ersten Mal in meinem Leben überhaupt nichts ausmacht. Schnee im März – nichts und niemand hätte mich dazu bewogen, den zu genießen und heute freue ich mich über jeden mit Schnee bedeckte Tannenzweig auf meinem Weg.
Ich esse früh zu Mittag – es gibt eine Minestrone mit Gemüse, Hirse und frischen Kräutern und zum Dessert einen Orangenreis mit pochiertem Apfel und Weinschaum. Ist das wirklich noch Fasten? Meine Geschmacksnerven sind schon so an die Kost gewöhnt, dass das Dessert der Wahnsinn ist! Ich verbringe noch ein wenig Zeit auf dem Zimmer, lese, höre ein paar Kapitel eines Hörbuches und merke, dass ich ein wenig unruhig bin. Also ziehe ich mich wieder an und mache einen Spaziergang nach Oberstaufen. Etwa eine halbe Stunde bin ich unterwegs, bis ich das Zentrum erreiche. Hier fällt mir auf, dass der Schutz des Hotels mir sehr beim Fasten hilft. Kaum erreiche ich die Stadt bemerke ich das Verlangen, mich im nächsten Supermarkt mit Chips einzudecken. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, mich in ein Café zu setzen und dort Tee zu bestellen. Ein wenig frustriert laufe ich zwar noch ein wenig durch die Stadt, bin aber froh, als ich wieder am Hotel ankomme.
Tag 6 // Sonntag
Am Sonntag gibt es keine Packung, worüber ich ganz dankbar bin. Mit der Kur-Karte kann man unter anderem kostenfrei verschiedene Bergbahnen nutzen und ich habe Lust, etwas Neues zu sehen. Ich bin mit meinen dreißig Jahren bisher noch nie auf Skiern gestanden, noch nie mit der Bergbahn gefahren und noch nie auf einem verschneiten Berg gestanden und ich muss gestehen, ich habe Respekt davor. Aber ich habe Lust drauf und deshalb überwinde ich meine Angst, setze mich nach dem Frühstück in mein Auto und fahre zur 15 Minuten entfernten Bergbahnstation des Hochgrats. Wahnsinnig angespannt sitze ich alleine in meiner Gondel, aber das Gefühl, das der folgende Ausblick über den Hauptalpenkamm, der vom Bodensee bis in die Oberstdorfer und Kleinwalsertaler Berge bis hin zur Zugspitze reicht, in mir auslöst, ist der Wahnsinn. Nun stehe ich hier und atme und das Leben ist schön. Ich beobachte eine ältere Dame, die sich laut lachend mit ihrem Schlitten auf die Piste stürzt und beschließe, dass ich weniger Angst und mehr davon haben möchte. Ob ich wohl einen Skikurs machen sollte? Wie oft steht die Angst zwischen mir und dem schönen Leben? Angst bewusst zu spüren und die Dinge trotzdem zu machen. Das nehme ich mir hier oben vor.
Tag 7 // Montag
Heute Abend fängt meine Ernährungsumstellung an – ich kann nicht leugnen, dass mich die Vorfreue nun durch den Tag schweben lässt. Ich lasse mich treiben, spaziere noch mal auf dem Klimapfad, mache Yoga und habe einen Termin zur Massage vereinbart. Ich lasse die bisherige Woche Revue passieren und bin überrascht, wie leicht mir das Fasten eigentlich gefallen ist. Klar, ich ernähre mich auch im Alltag überwiegend gesund und esse relativ wenig Fleisch – außerdem esse ich jedes Gemüse gerne. Das machte die Schroth´sche Ernährung für mich relativ leicht. Aber auch den Kaffeeentzug bemerkte ich nicht. Keine körperlichen Entzugserscheinungen, keine Fastenkrise, nichts. Ich bin schon ziemlich stolz, aber auch voller Vorfreude auf die Hühnerbrühe, die ich heute Abend bekomme, meine Schonkost, die ich morgen bekomme und vor allem das normale Hotelfrühstück, das ich am Abreisetag bekomme. Der erste Löffel meiner Brühe schmeckt für mich völlig versalzen, ab dem fünften bin ich tatsächlich wieder daran gewöhnt. Wie schnell das geht…
Tag 8 // Dienstag
Heute kommt die Packerin zum letzten Mal. Alleine das macht mich schon sehr zufrieden. Ich sehe meiner Haut an, dass mir die Packungen gut getan haben, sie sah selten so gut aus. Aber ich konnte mich irgendwie auch nicht so richtig damit anfreunden und bin froh, als ich zum letzten Mal ausgepackt werde. Ich glaube, es sind diese kleinen Dinge, die den Glückshormonschub auslösen, den ich sehr deutlich spüre: das Trinken nach einem Trockentag, das Nachruhen nach dem Packen und vor allem auch das Wissen, dass man nach einer Woche Fastenkur wieder frei essen kann. Ich freue mich sehr auf meinen frischen Salat und meine Forelle mit Wurzelgemüse, die ich mir als Aufbaukost ausgesucht habe. Passend zu meiner großartigen Laune strahlt die Sonne vom Allgäuer Himmel, ich mache mich zum letzten Mal auf zum Klimapfad und genieße die Sonnenstrahlen in der Waldhängematte. Danach verbringe ich den letzten Nachmittag im Spa und dick eingekuschelt auf den Liegen im Außenbereich mit Blick auf den Natursee. Die Ofenkartoffel mit Quark, die ich abends bekomme, sorgt für ein weiteres High und ich gehe sehr zufrieden schlafen.
Tag 9 // Mittwoch
Heute ist mein Abreisetag, der Tag, an dem ich normal frühstücken darf – ich bin um 8 Uhr die Erste am Buffet. Auf die Frage, was ich trinken möchte, strahle ich über´s ganze Gesicht und rufe etwas lauter als geplant „KAFFEEEE“. Ich komme mir vor wie im Schlaraffenland, als ich einen frisch gepressten Orangensaft gebracht bekomme und nach meiner gewünschten Eierspeise gefragt werde. Ich bestelle ein Rührei mit Kräutern und überlege sehr gut, was ich nun frühstücken möchte. Es läuft auf eine Brezel mit Frischkäse, ein wenig Lachs und jede Menge frisches Obst, Paprika, Gurkenscheiben und kleinen, süßen Tomaten hinaus. Zusammen mit dem Rührei ist es wahrscheinlich das beste Frühstück, das ich je hatte. Ich sitze über eine Stunde an meinem Teller, lasse mir extrem viel Zeit, trinke meinen Kaffee in sehr kleinen Schlücken und nehme jeden Bissen sehr bewusst zu mir. Genau das habe ich mir gewünscht: mich mehr zu spüren und bewusster zu essen. Gerade bin ich sehr optimistisch, das mit in meinen Alltag nehmen zu können.
Sechs Wochen später // Mein Fazit
Tatsächlich hat sich mein Essverhalten nachhaltig verändert. Ich esse sehr viel weniger, sehr viel bewusster und merke sehr deutlich, wann ich einfach nur zur Ablenkung oder Beschäftigung essen würde. Dann mache ich bewusst etwas anderes oder gebe dem Verlangen nach und bin mir darüber im Klaren, dass ich gerade nicht aus Hunger esse. Die während dem Fasten verlorenen zwei Kilo habe ich bisher ohne größere Anstrengung gehalten. Ich hätte so eine Fastenkur alleine zuhause niemals durchgehalten – mit dem All inklusive Pakets des Hotels ging es aber tatsächlich erstaunlich leicht. Ich bin ein großer Fan davon, ab und zu aus dem Alltag auszubrechen und sich einfach mal eine Weile nur mit sich und seinen Gedanken zu beschäftigen. Ernährungstechnisch auszubrechen war für mich neu und hat mir sehr gut getan. Das merke ich auch heute noch.
Abschließend möchte ich mich bei der Familie Hauber für die Einladung zu dieser Erfahrung bedanken. Ich habe vorher noch nie gefastet und bin jetzt doch überzeugt von dem Konzept. Das Zitat von Emanuel Schroth, das auch im Booklet über das Fasten nach Schroth steht, versteht man selbst erst so richtig, wenn man es mal erlebt hat: Ohne Kampf kein Sieg, ohne Verzicht kein Genuss, ohne Reinigung keine Heilung. So ist es! Genuss verdoppelt sich, wenn Verzicht vorangeht – das weiß ich spätestens nach meinem Frühstück am Abreisetag.
Habt es schön!
Nadine
Habt ihr Fragen? Ich stehe nach wie vor in Kontakt mit dem Haubers Naturresort und werde versuchen, alle Fragen entweder selbst zu beantworten oder an die Familie Hauber weiterzugeben.
Jenni
Liebe Nadine,
ich find’s total toll, dass du dich auf dieses Abenteuer eingelassen hast (um das ich dich ein wenig beneide). Ich glaube, das ist eine sehr intensive Erfahrung, von der man physisch und psychisch lange zehren kann und es ist schön, dass du so viele Eindrücke hier und auch bei Instagram mit uns geteilt hast.
Das hat selbst irgendwie viel zur eigenen Entschleunigung und Reflexion beigetragen. 🙂
Liebe Grüße
Jenni
Dreierlei Liebelei
JenniLiebe Jenni, das freut mich natürlich – also der letzte Satz 🙂 Ja, tatsächlich hat sich bei mir nachhaltig etwas verändert. Für eine Weile zu verzichten, lässt einen die Dinge ganz anders sehen…
Eine kleine Auszeit im Allgäu – Dreierlei Liebelei
[…] verbringe ich mit dem Liebsten eine wunderbare Zeit im Schnee, beim zweiten Mal sind es neun Tage Fasten nach Schroth und nun, beim dritten Besuch im Haubers Naturresort kommen der Liebste und ich bei knapp 30 Grad […]